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Filmgeschichte erleben - Ausstellung im Filmmuseum

Fazit eines Kolloquiums im Arsenal der Freunde der Deutschen Kinemathek

Anläßlich der Neueröffnung neu umgestalteter Räume im Museum der Deutschen Kinemathek luden die Freunde der Deutschen Kinemathek ins Kino Arsenal, das jetzt Institut für Film und Videokunst e.V. heißt. Drei Tage lang wurde diskutiert, man sah Filmbeispiele und konnte ausführlich beim Besuch der neuen Ausstellungsräume der deutschen Kinomathek, dem Museum für Film und Fernsehen in Berlin, mit den Verantwortlichen über positives und einige eventuell weniger gelungenen Details ausführlich diskutieren.

Im Schnelldurchgang wurde die „alte“ ständige Dauerausstellung im dritten Stock durchschritten, obwohl diese aufgrund ihrer multimedialen Darstellung mit großen Flachbildschirmen und Spiegelungen noch am ehesten an die Faszination Film erinnert. Das nicht Faßbare des Films, die Illusion einer realen Wirklichkeit - obwohl wie jeder weiß, dass sie eigentlich nur ein Abbild oder Spiegelung davon darstellt, oft künstlich erschaffen und somit bar jeder Realität – wird in diesen Räumen am deutlichsten dargestellt. Trotz der drei Tage, die diese Veranstaltung angesetzt war, blieb nicht genug Zeit, um allein in diese Welt der Illusion tiefer einzutauchen und auch an Ort und Stelle darüber ausführlicher zu diskutieren. Die neuen umgestalteten Räume einen Stock tiefer, in die wir innerhalb der Ausstellung über verschlungene Wege gelangten, waren nämlich das eigentliche Ziel des Rundganges. In diesen Räumen wird jetzt mehr auf die nationale Filmgeschichte eingegangen, auf den neuen Deutschen Film, der u. a. von Fassbinder, Herzog und vielen Anderen geprägt wurde und dessen Geschichte noch lange nicht zu Ende ist, sondern in den nächsten Jahren fortgeschrieben wird, denn der Deutsche Film boomt und feiert internationale Anerkennung, wie zuletzt in Cannes deutlich wurde. So wurde symbolisch in der Ausstellung eine Vitrine leer gelassen, um die Fortsetzung anzudeuten.
>AUTORENFILM IM FOKUS<
Anders als bisher und anders als in anderen Filmmuseen wurde in diesen neuen Räumen nicht ganz aber doch oft weitgehend auf Reliquien, Kostüme, und die vielen anderen – in den Magazinen dennoch vorhandenen Gegenständen – verzichtet, um quasi kein Madam Tussaud Wachsfigurenkabinett auszustellen. Durch den Verzicht auf Darstellung der Protagonisten, der Filmschauspieler, wollte man sich erstmalig dem besonderen Merkmal des sogenannten „Neuen Deutschen Films“ widmen, den Regisseuren, den Filmemachern, die seit den 60er Jahren den Autorenfilm prägten. Kurze per Knopfdruck abrufbare Filmsequenzen sagen oft mehr über einen Film aus, als opulente Kostüme, wie in der vor Kurzem in Berlin gezeigten und dennoch bejubelten Audrey Hepburn Ausstellung der privaten Sammlung ihres Sohnes deutlich wurde.

Das Spannende jedoch ist, wie unterschiedlich die Auffassungen über die Herangehensweise an das Thema Film und/oder Filmgeschichte ausstellen bei den vielen Vortragenden bewertet wurde. Geladen waren mehrere Vertreter anderer Filmmuseen in Deutschland und Österreich. So hat unsere Region mit dem Filmmuseum in Potsdam-Babelsberg einen riesigen Fundus der DEFA geerbt, denn das Filmmuseum in Potsdam war nicht irgendein kleines, lokal orientiertes Filmmuseum, sondern das zentrale Filmarchiv der DDR, in der einige Schätze noch aus der Vorkriegszeit schlummerten. Berlin mit dem jüngsten Filmmuseum Deutschlands, das erst 2001 im Filmhaus des Sony Centers am Potsdamer Platz entstanden ist, mußte sich deshalb deutlich unterscheiden, um Doppelungen zu vermeiden und nahm die Chance wahr, moderner und multimedialer seine Ausstellungsräume zu gestalten. Auch in Hinblick auf das naheliegende Post- und Fernmeldemuseum und das nicht weit entfernte Technik Museum, die beide Film- und Fernsehgeschichte anhand von technischen Apparaten ebenfalls darzustellen versuchen. Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt dagegen hat seine Räume seit 25 Jahren nicht mehr renoviert oder umgestaltet und erhoffte sich von dem Symposium Anhaltspunkte für eine Neuausrichtung zu gewinnen.
>FILM IST NICHT AUSSTELLBAR<
Ein Vertreter vertrat geradezu die These, daß Film gar nicht ausstellbar sei, weil Film ein working process ist, der am Set und im Kopierwerk, am Schneidetisch und den Köpfen der Macher verläuft, demnach wie die Gedanken seiner Schöpfer gar nicht festzuhalten oder abbildbar ist. Noch interessanter war der Schlußvortrag, der auf die Digitalisierung abhob, bei dem der ganze Prozeß von der Aufnahme bis zur Projektion digital abläuft und gar kein Filmmaterial mehr benötigt wir. So könnte man sagen, dass die Filmgeschichte bei manchen Produktionen - jedenfalls mit dem Ende des analogen, haptischen Films - bereits aufgehört hat zu existieren und dereinst nur noch in den Museen zu besichtigen sein wird. Da bleibt nur die Frage: Wie will man das längst erloschene Erlebnis, eines aus drei Projektoren gleichzeitig auf die gewölbte Panorama Leinwand geworfenen Cinerama Films, dem heutigen Besucher eines Museums vermitteln? Dazu müsste eigentlich ein originalgetreuer Kinosaal mit der damaligen Technik komplett neu erbaut werden, um so authentisch wie möglich zu sein, sozusagen historische Kinosäle als Museum herrichten. Doch die Fülle der unterschiedlichen Filmformate und Größe der Leinwände im Laufe der letzten Jahrzehnte, einschließlich unterschiedlicher Tonausstattungen und Lautsprecheranordnungen, würden die Grenze des Möglichen sprengen. Jedenfalls im Moment noch, falls nicht irgendwann einmal ein holografischer Raum, wie in einem Sicence-Fiction-Film, die Reise in die Vergangenheit ermöglicht.

Doch Museen sind mehr als Orte für verstaubte Geschichte. In einer Sonderausstellung zu 20 Jahren Mauerfall werden uns darüber hinaus wundervolle Bilder, Filme, Fotos, Dias, TV-Sequenzen und mehr von Dokumentarristen und vor allem von privaten Sammlern präsentiert. Diese einmalige Ausstellung der aktuellen Zeitgeschichte ist exklusiv nur noch bis zum September in Berlin im Filmmuseum zu sehen und wird danach nach Paris wandern.

Details zum Kolloquium: Programm_FilmgeschichteAusstellen.pdf

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