Skip to content

Film- und Musikindustrie spielt sich als Internet-Zensor auf

Die Provider in Irland sollen Kunden den Internet-Zugang sperren, wenn sie an Torrent Filesharing Netzwerken teilnehmen.

Sollte das nachfolgende Beispiel bei uns Schule machen, wäre auch Deutschlands Kulturserver in Gefahr. Was ist geschehen?

Nachdem sich der größte irische Internet-Provider Eircom Ende Januar dazu verpflichtet hatte, eigenen Kunden den Internet-Zugang zu sperren, falls deren IP laut ungeprüften Angaben von Plattenfirmen drei Mal an "illegalem Filesharing" beteiligt war, geht die Musikindustrie in Irland nun noch aggressiver vor. Mehrere Provider haben Briefe mit einer Aufforderung erhalten, innerhalb von sieben Tagen die gleiche Vereinbarung wie Eircom abzuschließen, ansonsten werde die Irish Recorded Music Association (IRMA) vor Gericht klagen. Vertreter von Internet-Anbietern zeigten sich geschockt. Ronan Lupton von Alto, einer Vereinigung mehrerer Firmen, fordert die Regierung dazu auf, das Urheberrecht zu ändern, damit die Verantwortung für den Datenverkehr von Kunden nicht bei den Providern liegen kann.

Auch die Betreiber der schwedischen Bittorrent-Seite „The Pirate Bay“ stehen vor Gericht, denn das eigentliche Problem sind die extremen Unterschiede der nationalen Regelungen im Urheberrecht. Immerhin hat z.B. das BitTorrent Filesharing Netzwerk mit der Film- und Musikindustrie letztes Jahr ein Abkommen unterzeichnet, dass die (P2P) Peer-to-Peer-Technologie weltweit auch im Geschäftseinsatz erlaubt. Zahlreiche Softwarehersteller und Film- und Musiklabels wie 20th Century Fox, Lionsgate, Paramount Pictures und Warner Brothers. greifen mittlerweile auf den Vertrieb über das BitTorrent-Netzwerk zurück.

Im Gegensatz zum Download von einem bestimmten Server nutzt das BitTorrent-Netzwerk beim Download nicht nur eine einzige Datei von einem anderen direkt verbundenen Rechner. Stattdessen lädt der Client die Datei in kleinen Häppchen gleichzeitig von einer Vielzahl von bereitstehenden Rechnern herunter, auf denen die Datei ebenfalls gespeichert ist und setzt die einzelnen Teile dann wieder zusammen. Dadurch verkürzt sich die Download-Zeit merklich. Anders wäre der Vertrieb für die immer größer werdenden online Dateien gar nicht möglich. Dabei sind die anfänglich illegalen Filesharing Börsen wie Napster und BitTorrent mittlerweile zu seriösen Abo-Modellen übergegangen und kooperieren mit den großen Majors.

Die Bedienung von BitTorrent ist sehr einfach. Sobald man das Programm installiert hat, geht es ohne weitere Vorbereitung mit dem Datenaustausch oder Download los. Natürlich kann sich hin und wieder darunter auch mal ein schwarzes, illegales Schaf in einer der zahlreichen BitTorrent-Suchmaschinen im Internet befinden, denn wie bei vergleichbaren Anwendungen überprüft die Freeware heruntergeladene Dateien auf ihre Vollständigkeit und nimmt abgebrochene Downloads ggf. auch von fremden Rechnern wieder auf, um die angeforderte Datei dem Empfänger vollständig und nicht korrupt anbieten zu können.

Auf Grund der Dezentralisierung des Internets ist es für die Provider schier unmöglich festzustellen ob ein Download nun legal und bezahlt war oder durch Umgehung von Sicherheitsvorkehrungen eventuell doch nicht rechtmäßig empfangen wurde. Durch Zahlendreher und menschliches Fehlverhalten können sogar User legaler Downloads fälschlicherweise in einen ungerechtfertigten Verdacht geraten.

Alex French von Bitbuzz hält das Vorgehen der Musikindustrie ohnehin für ungeheuerlich. Kunden den Internet-Zugang zu sperren, ohne das ein kompetentes Gericht ein Fehlverhalten festgestellt hat, gehe zu weit. In den Briefen an Eircom ist auch die Rede davon, dass The Pirate Bay und ähnliche Webseiten zu blockieren seien. Man unterstütze zwar keine illegalen Aktivitäten, aber dies sei ein einzigartiger Vorgang. "Plant die Musikindustrie, zum De-Facto-Internet-Zensor zu werden?", fragt French, denn die Briefe mit der Aufforderung, die gleiche Vereinbarung wie der Provider Eircom abzuschließen, sind eine Nötigung, die von keiner Instanz je zuvor als notwendig erachtet wurde.

Bisher gibt es keine Rechtsprechung in Irland, nach der Torrent-Seiten illegal wären. Ganz im Gegenteil, sogar die Stiftung Kulturserver.de gGmbH der Bundesrepublik nutzt das BitTorrent-Netzwerk. Bereits am 10. Dezember 2007 stellten wir auf diesen Seiten das Onlinefilm.org Konzept der AG DOK vor, bei dem deren Mitglieder über ein gesichertes BitTorrent Netzwerk ihre Filme zum kostenpflichtigen Download anbieten können.

Am 20. Februar 2009 haben wir im BAF-Blog vom beabsichtigten Vorgehen der Bundesregierung nach englischem Muster berichtet. Sollte Sperrung von Internetzugängen auch bei uns Schule machen, wäre das nicht nur das Ende vom freien Internet, sondern eine Willkür ohnegleichen. Einschränkungen des Datenverkehrs könnte die ohnehin schwer gebeutelte Wirtschaft noch zusätzlich belasten. Viele neue Geschäftsmodelle, die durch Verkauf oder Download von Waren im Internet beruhen, wären in ihrer Existenz bedroht.

Die Krux ist allerdings, dass auch Filesharingbörsen wie z.B. eMule das BitTorrent Netzwerk nutzen. Auf denen können User relativ leicht Daten tauschen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn einmal gekaufte Ware bei eBay oder anderen Plattformen wieder verkauft wird, solange man nicht selber davon illegal Kopien behält. Doch wie erhält es sich bei online erworbenen Download Dateien?

Rechtlich gesehen dürften diese auch wieder verkauft werden, wenn man die einmal erworbenen Daten danach wieder löschen würde. Doch leider tun das die wenigsten. Im Gegenteil, manche öffnen ihr ganzes Arsenal am Datenmüll auf dem Rechner und wundern sich wenn sie sich Viren einfangen. Es sollten bei der Benutzung von Filesharingbörsen tatsächlich nur jene Ordner für den Zugriff freigegeben werden, in denen sich nur Daten, Filme und Musik befinden, von denen man auch die Rechte am Verkauf besitzt. In vielen Fällen dürfte das leider nicht der Fall sein. Wird hier nicht im Urheberrecht nachgebessert, haben die Unterhaltungselektronik-Konzerne keine Chance. Deshalb ist der Unmut der Film- und Musikwirtschaft zu verstehen, auch wenn die Mittel zur Bekämpfung nicht immer rechtens sind.

Ein YouTube-Video hat in den USA in der Bevölkerung bereits Angst vor flächendeckender Überwachung ausgelöst. In dem kleinen Film öffnet ein Mann eine TV-Konverterbox und entdeckt darin eine Kamera und ein Mikrofon. Weil diese Boxen mit der Einführung des digitalen Fernsehens demnächst in vielen amerikanischen Wohnzimmern stehen werden, machen nun Verschwörungstheorien über staatliche Spionage die Runde. Indes weiß niemand, ob das Video wirklich authentisch ist. In einem Interview des Nachrichtensenders MSNBC bestätigt ein ehemaliger Mitarbeiters des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA), dass die NSA Zugang zu der Kommunikation aller US-amerikanischen Bürger hat, egal ob sie hierfür ein Telefon, Fax oder ihren Computer verwenden. "Es wird alles überwacht", so der ehemalige NSA-Mitarbeiter.

(update von 15:00 Uhr)

Verbote kommen noch diesen Monat
Den Anfang mit Verboten macht heute die Stadt Stuttgart, die das E-Sport-Turnier der ESL verbietet, das am 27. März 2009 stattfinden sollte. Die Entscheidung der örtlichen Veranstalter und der Stadt Stuttgart wird dabei nicht mit Jugendschutz begründet, denn der wird bei den öffentlichen Friday Night Games stets gewahrt. Als Begründung soll dennoch die Rücksichtnahme auf die Opfer des Amoklaufs von Winnenden herhalten, obwohl bei den E-Sports auch Fußball und andere E-Sportturniere ausgetragen werden.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant die Internetsperren gegen die Verbreitung von Kinderpornografie und den online Zugriff auf Gewaltspiele von Minderjährigen noch diesen Monat zu verwirklichen. Das Telemediengesetz soll entsprechend geändert werden. Vorbild sind die skandinavischen Länder, die notwendige Technik soll von den norwegischen Behörden übernommen werden. Der Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland hat einen Bericht über eine Einigung des Unternehmens über Internetsperren mit dem Bundesfamilienministerium inzwischen dementiert. Auch die Deutsche Telekom äußert rechtliche Bedenken - und lässt laut "Kölner Stadt-Anzeiger" die Familienministerin abblitzen. Die Telekom fordere zuerst die Zusage für eine Gesetzesinitiative, die den Firmen mehr Rechtssicherheit geben soll, berichtete die Zeitung.

In China ist die Videoseite YouTube seit heute komplett gesperrt. Hoffentlich nur vorübergehend. Offenbar nimmt man wieder mal Anstoß an einigen Inhalten auf der Seite. Bereits in der Vergangenheit hatten die Behörden mehrmals Googles YouTube Community blockiert. Unter anderem, weil dort während der Olympiade mehrere Videos aus Tibets Städten mit Bildern von Demonstrationen aufgetaucht waren.

Anzeige