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Neuer Rundfunkstaatsvertrag beschränkt Online Angebote


Neuer Rundfunkstaatsvertrag begrenzt Online-Textangebote von ARD und ZDF


Im neuen Jahr ist manches anders. So beschlossen bereits am 23. Oktober die Ministerpräsidenten in Dresden, dass textbasierte Online-Informationen der Öffentlich-Rechtlichen zukünftig nur noch zulässig sein sollen, wenn sie an Sendungen gekoppelt sind. Ihre Verweildauer wird auf sieben Tage begrenzt, bei bestimmten Sportübertragungen sogar nur auf 24 Stunden. Ein Drei-Stufen-Test soll außerdem darüber entscheiden, welche Online-Angebote im Netz verfügbar sein dürfen.

Gerd Billen, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) spricht von einem "herben Schlag für die Gebührenzahler", die einen Anspruch auf "ausreichende, unabhängige Informationen über das Internet" hätten. Auch wenn die Deckelung der Online-Ausgaben von ARD und ZDF in Höhe von 0,75 Prozent des Gebührenaufkommens nun weggefallen sei, wären die Hürden für die Online-Angebote nicht hinnehmbar und appelliert an die Länder dem 12. Rundfunkänderungsstaatvertrag nicht zuzustimmen.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sieht dagegen eine wichtige Forderungen der deutschen Verlage berücksichtigt, dass die Online-Expansion von ARD und ZDF nur in Form von Bewegtbild und Ton erlaubt wird, eine staatlich finanzierte Presse im Internet mit Text und Bild aber weiterhin stark eingeschränkt bleibt. Dadurch konnte die wettbewerbsverzerrende Konkurrenz gebührenfinanzierter Online-Presse verhindert werden erklärt Christoph Fiedler, Leiter der Medienpolitik im VDZ.

Die ARD sprach von einem "Kompromiss, mit dem man leben müsse", so der ARD-Vorsitzende Fritz Raff. Dass sämtliche Telemedien nachträglich einem Drei-Stufen-Test unterzogen werden müssten, wird jedoch den Verwaltungsaufwand und die Kosten erhöhen. Im Gegensatz zu den Vorstellungen der EU, wollten die Bundesländer mit der 24-Stunden-Frist bei Sportereignissen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Internet sehr viel stärker einschränken, als es in anderen europäischen Staaten der Fall sei. Raff kritisierte, dass zudem nicht klar formuliert wurde, was unter "presseähnlichen Angeboten" zu verstehen sei. Hier befürchtet der ARD-Vorsitzende nach wie vor hohes Konfliktpotential, das zu juristischen Auseinandersetzungen führen könne.

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Big Brother is watching you

Natürlich wird Internet und Fernsehen in den nächsten Jahren zusammenwachsen. Herkömmliches TV wird in einigen Jahren ausgedient haben. Sogar die Printmedien werden auf dem Rückzug sein und durch online Angebote und e-Book Reader ersetzt werden. Die Privaten experimentieren bereits mit Content Angeboten, die vom Profil des Zuschauers bestimmt werden. Eine gewisse Anzahl von Personen, die bestimmte Sendungen im TV gesehen haben oder auf speziellen Seiten im Internet gesurft sind, wird bereits erfasst und ihr Profil wird für gezielte Werbezwecke von den privaten Fernsehsendern ausgewertet. Zukünftig sollen Käufer bestimmter TV-Geräte (allen voran Philips) über die eingebauten elektronischen Programm Guides (EPG) Vorschläge zu Sendungen unterbreitet bekommen, die genau dem Wunschprogramm des Zuschauers entsprechen oder zumindest ähnlichen Inhaltes sind. Davon merkt der Betrachter zu Hause wenig, denn das System steckt in speziell ausgerüsteten Fernsehern, die sich alles merken können und permanent mit dem Internet verbunden sind. Dadurch können Sendungen zeitversetzt oder in anderer Reihenfolge für jeden Zuschauer individuell zusammengestellt und auf Abruf geliefert werden. (Mehr Details dazu im BAF-Blog vom 11. Juli 2008)

Dass dabei kritische Sendungen auf Wunsch eines Senders sogar gänzlich ausgeklammert werden könnten, wenn es mit den Werbezielen des Senders nicht vereinbar wäre, ist die Kehrseite des Komforts. Wie weit die Macht der Privaten reicht, sieht man in Italien unter Berlusconi, wo das Privatfernsehen sich quasi zum Staatssprachrohr entwickelt hat und keine Konkurrenz duldet. Je nach Sichtweise und Machtverhältnissen können in den Medien demokratische Zustände herrschen oder Missbrauch betrieben werden. Ein Übergewicht der einen oder anderen Seite ist leider nie ganz auszuschließen. Die öffenlich rechtlichen Sender in Deutschland versuchen deshalb einen Spagat und schließen sich im Online-Vertrieb mit einigen seriösen Verlegern zusammen.

Verlage verhandeln mit ARD und ZDF

Auf den Medientagen München (29.-31. Oktober 2008) hatte Fritz Raff, der Vorsitzende der ARD und Intendant des Saarländischen Rundfunks es bereits verkündet, dass ab 2009 zahlreiche ARD-Sender mit Verlagen kooperieren und ihre Bewegtbilder auf deren Internetseiten einstellen werden. Etwa zwanzig Verlagshäuser standen mit verschiedenen ARD-Anstalten in Verhandlungen, darunter auch die Axel Springer AG und Hubert Burda Media, aber auch kleinere Verlage wie die Saarbrücker Zeitung, die eine Kooperation mit dem Saarländischen Rundfunk überprüfte.

Viele Verhandlungen zwischen ARD, ZDF und Verlagen waren in den vergangenen Monaten gestoppt worden, weil man erst die Ergebnisse des 12. Rundfunkänderungsstaatvertrag abwarten wollte. Der tritt nun voraussichtlich am 1. Mai 2009 in Kraft und lässt zu, dass öffentlich-rechtliche Sender über ihre Werbetöchter Filmbeiträge an Verlage verkaufen. Bislang arbeitete nur die WAZ-Mediengruppe mit dem WDR beim Online Auftritt Der Westen zusammen. Im Juni 2008 folgte dann das ZDF mit der Wochenzeitung Die Zeit, in dem sie eine Kooperation im Internet vereinbarten. Zeit online präsentiert das Nachrichtenformat ZDF 100 Sekunden, sowie weitere Videobeiträge des Mainzer Senders. Dabei handelt es sich durchweg um Inhalte, die das ZDF bereits für seinen eigenen Redaktionsbetrieb produziert hat. Für die Überlassung berechnet das ZDF nach eigenen Angaben marktübliche Preise. Die Kooperation ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Im März letzten Jahres hatten bereits der Westdeutsche Rundfunk und die WAZ-Mediengruppe eine ähnliche Kooperation vereinbart. Das WAZ-Portal "Der Westen" bietet regionale Radio- und Fernsehbeiträge des WDR an und zahlt dafür eine Lizenzgebühr.

Rüdiger Oppers, Chefredakteur der zum WAZ-Konzern gehörenden "Neue Rheinzeitung", ließ durchblicken, dass der WDR künftig nicht einziger Lieferant von Bewegtbildern für die Website Der Westen bleibe. Es gebe auch Verhandlungen mit dem ZDF und RTL. Das Bewegtbild-Angebot seitens der TV-Sender ist für die Verlagslandschaft offenbar recht günstig. Oppers sagte, er bezahle pro Beitrag "deutlich weniger als 100 oder 90 Euro". Über diese Beträge könnte es noch Diskussionen geben, schließlich sieht der Rundfunkstaatsvertrag vor, das "marktkonforme Preise" bezahlt werden müssen. Kritiker bezweifeln, dass solche Summen tatsächlich marktwirtschaftlichen Kriterien entsprechen.

Weitere Verlegerattacken gegen Onlineaktivitäten von ARD und ZDF

Ungeachtet der bevorstehenden Vereinbarungen gehen die Attacken der Verleger gegen das Online-Angebot der öffentlich rechtlichen Sender weiter. Sie forderten in einem Grundsatzpapier ein totales Werbeverbot, Entkommerzialisierung und Begrenzung der Aktivitäten von ARD und ZDF im Internet, insbesondere im Zeichen der Wirtschaftskrise. Aufklärende Ratgeberportale sollen ARD und ZDF ausdrücklich nicht anbieten dürfen. Auch sollen alle Beteiligungen an privatwirtschaftlichen Unternehmen vollständig abgebaut werden und auf jede Form kommerzieller Finanzierung müsse verzichtet werden. Zu den Unterzeichnern der so genannten "Münchner Erklärung" gehören die Chefs namhafter Verlage wie Burda, Gruner+Jahr, Axel Springer, Bauer, Ganske, Madsack, Ippen und Medienholding Nord. In ihrer Kritik schonen sie auch nicht den Medienrat der Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), der kürzlich entschieden hat, dass Streaming-Angebote im Internet einer Sonder-Lizenz bedürfe, wodurch sich einige Verlage benachteiligt fühlen.

Warnung vor Videoeinspeisung ins Internet

Die BLM hatte eine Änderung der Fernsehsatzung vorgenommen, die das Anbieten von Streaming-Angeboten im Internet lizenzpflichtig macht: Wer mit einem Internet-Fernseh-Angebot im Streaming-Verfahren mehr als 500 Zuschauer gleichzeitig erreichen kann, soll dafür eine kostenpflichtige Genehmigung einholen müssen, die ohne weitere Voraussetzungen erteilt werden soll, soweit programminhaltlich keine Bedenken bestehen. Noch teurer und komplizierter wird es, wenn mehr als 10.000 Zuschauer erreicht werden können, denn dann ist ein sogar Organisationsverfahren wie bei einem normalen Kabelprogramm notwendig.
(Wir berichteten im BAF-Blog am 1. August 2008)

Sinn der Verordnung sei es offensichtlich die unzähligen frei zugänglichen Video- und Broadcast-Portale wie YouTube oder Stickam u.a. vor Einspeisung ggf. unerlaubter Inhalte aus Deutschland einzuschränken. Vor allem junge User laden gerne Handyfilme auf die weltumspannenden Social Portals wie z.B. Friendster und tribe oder auf eigene Video-Blogs im Internet. So sei derjenige schon jetzt vor möglichen, unüberschaubaren Prozesskosten gewarnt, der einen Live-Stream von seinem Handy aus Deutschland via Qik oder Kyte ins Internet übertragen will. Wie allerdings ein weltweites Peer-to-Peer Netzwerk aus Bayern kontrolliert werden soll, bleibt offen. Beim Streaming Video muss es sich nicht um einen Download von einem einzelnen Server handeln, sondern jeder online geschaltete Computer, der einen Videostream empfängt kann selber sofort wieder für andere Computer zum Sender werden. Dabei werden die Inhalte nicht lokal gespeichert, sondern landen nur temporär im cache. Das ist auch der Grund, warum im Falle eines Gerichtsbeschlusses, vom Provider entfernte Inhalte, immer wieder an anderer Stelle im Netz durch Spiegelung auftauchen.


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