Skip to content

SAT1 verlässt Berlin - PREMIERE kämpft ums Überleben


Der Umzug des größten Berliner TV-Senders nach Unterföhring in München hinterlässt deutliche Spuren der Bange in den Berliner Produktionsstudios.


Der Konzern ProSieben Sat1 will 225 Arbeitsplätze durch die Maßnahme einsparen, doch mehr als 350 Mitarbeiter sind direkt oder indirekt betroffen. Einige Produktionen wurden immer wieder an die hervorragend ausgestatteten Berliner Studios vergeben. Dazu gehören die Berliner-Union-Film in der Neuköllner Oberlandstraße, die sich seit über 40 Jahren mit fünf voll ausgestatteten Studios für Film und TV, Szenen- und Dekorationsbau sowie Synchronstudios einen Namen gemacht haben und nun um weitere Aufträge bangen müssen. Ebenso viele Sorgen dürfte sich auch Studio Berlin in Adlershof machen, die mit acht Studios als eine der marktführenden Firmen in Deutschland jegliche Produktionen im Innen- und Aussenbereich realisieren konnte.

Weniger Gedanken um die Zukunft macht sich Studio-Babelsberg, die Dank des Filmförderfonds, sich rechtzeitig auf den internationalen Spielfilm konzentrieren konnten und außer der RTL-Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" keine TV-Produktionen mehr auf dem Gelände bei Potsdam betreiben. Ganz im Gegenteil, trotz weltweiter Finanzkrise blieb die Auftragslage stabil, so dass man in den letzten Monaten bereits Pläne für eine Erweiterung des Studios schmiedete und beim Berliner Senat anklopfte, die Hangars im Flughafen Tempelhof für Drehzwecke zur Verfügung gestellt zu bekommen. Ob der vom Senat angepeilte Ausbau des ehemaligen Flughafen Tempelhof zu einem Medienzentrum weiterhin verfolgt werden kann, scheint nach dem Weggang von Sat1 nunmehr fraglich.

Dabei hatte der Sender gerade erst das modernste Nachrichten Studio in den ehemaligen Räumen der Mercedes Benz Niederlassung am Potsdamer Platz bezogen. Der Nachrichten und Dokumentationskanal N24 soll vorerst auch dort bleiben und wird vielleicht von einigen Mitarbeitern des bisherigen Standortes aus der Jägerstraße am Gendarmen Markt verstärkt. Ärgerlich ist der Weggang aus Berlin dennoch, zumal die Mitarbeiter davon völlig überrascht waren und erst aus der Zeitung den definitiven Beschluß zur Aufgabe des Berliner Studios erfuhren.

Insider befürchten, dass die gesamte Film- und TV-Dienstleistungsbranche in Berlin ins Rutschen kommen könnte, denn naturgemäß sucht die Zuliefererindustrie auch die räumliche Nähe zum Kunden. Bei einem Rückgang der Fernsehproduktionen in Berlin wären also vielmehr Arbeitsplätze bedroht als man bisher glaubte.

------------------------

Hoffnungen und einen deutlichen Aufschung können sich durch den Sat1 Umzug die Münchener Betriebe, allen voran die Bavaria machen, einer der größten und erfolgreichsten Medienkonzerne in Europa. Andere, wie die kleine Potsdamer Gesellschaft "Producers at Work" planen eine Zweigniederlassung in München zu eröffnen, um weiterhin am Ball zu sein.

Premiere in der Klemme:
Der Ball, genauer gesagt der Fußball, dürfte auch die letzte Rettung für eine weitere ins Strudeln geratenen Münchner TV-Firma sein. Der Abo-Sender Premiere sucht nach einem Rettungsanker und steht inzwischen nach desaströsen Verlusten mit dem Rücken zur Wand. Die Endscheidung der Neuvergabe von Fußball Sendelizenzen durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) dürfte aber erst im Januar erfolgen. Der Bezahlsender hatte seinerzeit Widerspruch gegen die Sendelizenz für den Konkurrenten Arena eingelegt. Arena ging pleite und das Kartellamt bestand auf eine Neuvergabe unter Berücksichtigung des frei empfangbaren Fernsehens. Seitdem gingen die Abo-Zahlen bei Premiere in den Keller und der Sender wartete mit unerwartet hohen Verluste auf. Bisher wollte Premiere nicht aufgeben und kämpft weiter um die Fußball-Bundesliga, dem einzigen Hoffnungsschimmer am Horizont. Analysten glauben schon an einen Einstieg des Premiere Gesellschafters News Corp. bei Sat1, falls die DFL den Sat1-Sender bei der Vergabe bevorzugen sollte und die ARD Sportschau sowie Premiere das Nachsehen haben.

Die DFL ist bei der Vergabe in einer schwierigen Situation. Gerne würde man eine Zusammenarbeit mit Premiere bevorzugen und sogar dem Sender ein exklusives Spiel am Sonntag überlassen. Man erhofft sich dadurch höhere Einnahmen. Sollte aber Premiere - wie zuvor Arena - pleite gehen, wären alle Hoffnungen auf Sanierungen der Clubs und auf langfristige Einnahmen zerstört.

Anzeige