Skip to content

Autorenstreik in Hollywood




Die Drehbuchautoren in den USA sind seit dem 5. November im Streik - ihr erster Arbeitskampf seit fast 20 Jahren. Sie hatten sich mit den Produzenten nicht auf eine bessere Bezahlung für die Weiterverwertung ihrer Arbeiten im Internet und auf DVDs einigen können.

Mittlerweile legt der seit Wochen dauernde Streik der Hollywood-Autoren erstmals auch Filmprojekte lahm - unter anderem Oliver Stones Drama "Pinkville". Das Massaker im vietnamesischen Dorf My Lai sei von dem Filmunternehmen United Artists gestoppt worden, meldete das Branchenmagazin "Variety". Von dem Autorenstreik ist auch der neue Film "Angels and Demons" betroffen, bei dem Ron Howard Regie führt. Wenn es in einer neuen Verhandlungsrunde ab dem 26. November zu keiner Einigung kommt, befürchtet man, dass auch andere Filme, bei denen das Drehbuch noch nicht endgültig von den beteiligten Stars abgesegnet ist, unter Druck kommen könnten.

Der letzte Autorenstreik in Hollywood hatte 1988 mehr als fünf Monate gedauert und kostete schätzungsweise 500 Millionen Dollar. Jetzt unterstützen auch Prominente aus anderen Branchen die Streikenden. Drehbuchautor Ron Nyswaner hat diverse Preise für seine Schriften gewonnen, und gehört zu den besser verdienenden Autoren, die den Streik auch ein wenig als Erholungsurlaub betrachten können. Doch irgendwann wird es auch ihm an die finanzielle Substanz gehen.
"Die Leute sollten öfters mal spazieren gehen, als sich täglich vom TV berieseln zu lassen", schreibt Ron Nyswaner. "Es gibt allerdings einige Drehbuchautoren in Hollywood, die verdienen mehr als 100.000 $ pro Jahr. Diese sehen eigentlich nicht wie Opfer der Internet Ausnutzung aus. So gibt es auch ein Element der Habgier, das hier offensichtlich funktioniert? - Aber alle diejenigen, die weniger gut verdienen und die von großen Studios abhängen, begreifen jetzt langsam, dass irgendwann ihr Lebensunterhalt bedroht werden könnte."
Im Dezember könnten bis zu 60 TV-Produktionen flachliegen. Gleich zum Auftakt des Arbeitskampfes waren mehrere beliebte TV-Sendungen in den USA gekippt worden. Im Fernsehen senden Late-Night-Shows etwa von Jay Leno und David Letterman nur noch Wiederholungen, die Hit-Serie "Desperate Housewives" liegt aus Mangel an Skripten auf Eis. Auch "Grey's Anatomy", "CSI" und "The Office" geht allmählich die Luft aus.

Um die Forderungen nach besserer Bezahlung Nachdruck zu verleihen, sind mehrere Tausend streikende Drehbuchautoren mitten durch Los Angeles über den berühmten "Hollywood Walk of Fame" gezogen. Nach Schätzungen des Filmverbandes "Film L.A. Inc." könnte ein länger anhaltender Streik täglich über 20 Millionen Dollar kosten und weitere Produktionen in Los Angeles und New York lahmlegen, berichtete die "Los Angeles Times". "Wenn der Streik weiter geht, wird das einen enormen Einfluss auf die Wirtschaft in dieser Region und auf mittelständische Jobs haben", warnte Verbandschef Steve MacDonald.

Einer der Großen Schauspieler zeigte inzwischen Mitgefühl: George Clooney spendete 25.000 Dollar (knapp 16.000 Euro) für den Actors Fund, einen Hilfsfonds für in Not geratene Schauspieler und andere Mitarbeiter der Filmbranche, denn die Filmstudios Warner Brothers mussten bekannt geben, dass die Produktion des Films "Shantaram" mit Johnny Depp in der Hauptrolle nicht wie geplant im Februar starten könne. Auch Regisseur Rob Marshall ("Chicago") muss die Dreharbeiten für die Musicalverfilmung "Nine", die im März beginnen sollten, auf Eis legen, meldete die Produktionsfirma Weinstein. Projekte wie die Dan-Brown-Verfilmung "Illuminati" oder die Fortsetzung des Blockbusters "Da Vinci Code" verschieben sich. In allen Fällen wurden unfertige Drehbücher als Grund angegeben. Sogar Brad Pitt verging die Lust beim Lesen des offensichtlich mangelhaften Drehbuches von "State of Play", einem Politthriller. Der 43-Jährigen Filmstar stieg nur wenige Tage vor Drehbeginn wieder aus dem Projekt aus, denn das Skript konnte wegen des Streiks nicht mehr rechtzeitig umgeschrieben werden. Wie der "Hollywood Reporter" berichtete, sind nun Johnny Depp oder Russell Crowe als Pitt-Nachfolger im Gespräch. Die Dreharbeiten zu dem Thriller sollten noch im November beginnen.

Der Grund für alle Probleme liegt im Urheberrecht, das im 19. Jahrhundert zum Schutz von Autoren, Musikern und anderen Künstlern entwickelt worden war. Kritiker sagen: Heute, im Internetzeitalter, ist es nicht mehr angemessen. Harmlose Nutzer würden kriminalisiert, Kreativität behindert. Deshalb wurde in den USA ein eigenes Rechtesystem entwickelt: "Creative Commons": Neben das Copyright-C wird "CC" gestellt. Bisher hieß es "Alle Rechte vorbehalten". Im CC-System: "Einige Rechte vorbehalten."

Das Grundprinzip des klassischen Urheberrechts ist im Netz eigentlich gar nicht anzuwenden, denn es gibt viele Urheber, die möchten gerne, dass ihre Sachen benutzt werden und sie möchten sie gerne für jedermann ins Netz stellen, um so mehr Publicity zu bekommen. Diese Autoren haben nichts dagegen, wenn andere diese Musik oder jenen Film nehmen, und wieder in andere oder eigene Projekte einbauen." Für sie ist es Werbung, um bekannter zu werden. NDR-Intendant Prof. Jobst Plog sagt:
"Die Inhalte, die wir im Netz zur Verfügung stellen wollen, sind vom Zuschauer bereits bezahlt und ich denke, dass wir über die Rundfunkgebühr also hier eine Bindung schon haben zu unseren Zuschauern und ein Interesse daran haben im Internet besonders junge Zielgruppen zu erreichen, die im Internet zu finden sind. Und deswegen ist der Einsatz von Creative Commons-Lizenzen für uns ein sinnvoller Schritt."
CC bedeutet übrigens nicht auf alle Rechte zu verzichten. Wer unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht, kann zwischen mehreren Stufen wählen. Der Macher entscheidet selbst, was er den Internetnutzern erlaubt: Der NDR z.B. hat eine kommerzielle Nutzung seiner Filme untersagt. So bietet Creative Commons viele Chancen und Möglichkeiten - der Kreativität im Netz werden dadurch weniger Grenzen gesetzt, wie auf den Internetseiten "YouTube", "MyVideo" oder "sevenload". "Problematisch sind kommerzielle Inhalte wie Fernsehsendungen oder Ausschnitte aus Fernsehsendungen oder Musikvideos, da hat man keine Rechte daran. Also begeht man eine Urheberrechtsverletzung, wenn man sie hochlädt." Aber nicht nur wer Fernsehbeiträge ins Netz stellt, lebt gefährlich. Auch bei einem musikalisch untermalten Urlaubsvideo kann es Ärger geben. Gleiches gilt für eigene Songinterpretationen, denn die Musikindustrie sieht alles. "Wenn man etwas verwenden will in eigenen Kreationen beispielsweise, eine Collage oder ein Sampling schaffen will, braucht man dafür in der Regel eine Zustimmung und diese Zustimmung zu erhalten ist für einen Künstler oder eine Privatperson extrem schwierig."


Auch Theater in New York werden bestreikt:

Ganz unabhängig vom Autorenstreik wird zur Zeit auch am Broadway, der größten Theatermeile der Welt, gestreikt. Die Bühnenarbeiter wehren sich gegen eine Aufweichung ihrer Arbeitsschutzregeln. Ein Theaterunternehmen hat die Gewerkschaft auf 35 Millionen Dollar (gut 23 Millionen Euro) Schadenersatz verklagt. Die Firma, der 9 der 27 bestreikten Theater gehören, macht laut "New York Times" in ihrer Beschwerde geltend, sie habe einen Sondervertrag für ihr technisches Personal und sei deshalb zu Unrecht von dem Arbeitskampf betroffen. Der Klage haben sich auch sieben Produzenten angeschlossen, die unter anderem für Dauerbrenner wie "Hairspray" und "Der König der Löwen" verantwortlich sind.

Obwohl mit dem amerikanischen Erntedankfest Thanksgiving die sonst besonders lukrative Weihnachtssaison begann, blieb bei mehr als zwei Dutzend großen Shows das Licht weiter aus, denn den Bühnenarbeiter ist ihr Arbeitsschutz wichtiger. (dpa)


Anzeige