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Kritik an Zielen der Deutschen Content Allianz

Deutsche Content Allianz wurde am 13. April in Berlin vorgestellt



Die Gründung einer Deutschen Content Allianz am 13. April 2011 fand nicht überall positive Zustimmung, heißt es bei der Digitalen Gesellschaft, einer Bürgerrechtslobby, die am selben Tag ihren Start wenige Kilometer entfernt auf dem Blogger Kongress re:publika im Berliner Friedrichstadtpalast feierte.

Dieter Gorny im Präsidium
Vor allem die Beteiligung von Dieter Gorny als Präsidiumsmitglied des deutschen Musikrats und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie e. V. an der Deutschen Content Allianz wird von einigen Lobbyisten als Kriegserklärung verstanden. Zwar hat der Grimme-Preisträger, Medienmanager und Musiker Gorny sich während seiner Tätigkeit bei VIVA und MTV ein positives Image verschafft und darüber hinaus lange Zeit für Jugendinteressen und noch vor dem Desaster der Loveparade für deren Fortbestand eingesetzt, doch seine Äußerungen zu Netzsperren und Kontrolle des Internets zur Eindämmung der Musik- und Filmpiraterie kamen bei vielen Aktivisten weniger gut an. Warum die Medienindustrie sich mit dem freiheitlichen Gedanken des Internets so schwer tut und weiterhin versucht nicht nur alles zu regulieren, sondern auch zu beherrschen, wurde bereits in einem anderen Artikel deutlich, den wir unter dem Titel "Don't make me Steel" am 25. Mai 2011 im BAF-Blog veröffentlichten. Zu diesem Artikel wäre heute nachzutragen, dass die Domain der Filesharingseite Kino.to - nach einer großangelegten Razzia gegen Raubkopien - gestern geschlossen wurde, wie u.a. "Die Süddeutsche" berichtet.

Die Deutsche Content Allianz ist auf Initiative von VPRT-Präsident Jürgen Doetz und WDR-Intendantin Monika Piel entstanden. In dieser Allianz haben sich der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT), ARD, ZDF, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband Musikindustrie, die GEMA, die Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen und die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zusammengefunden, um Politik und Öffentlichkeit für den realen Wert medialer Inhalte zu sensibilisieren und dafür zu sorgen, dass Kultur- und Medienpolitik auf Bundes- und Länderebene "ein angemessener Stellenwert eingeräumt werden muss", heißt es in einer Pressemitteilung. Gemeinsam repräsentieren sie als Vertreter zahlreicher Medienzweige über 200.000 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Milliarden Euro jährlich und rund einer Millionen Beschäftigten.

Forderungen an Politiker
An die Politik richtet die Deutsche Content Allianz dann auch gleich konkrete Forderungen. So soll "die herausragende kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung medialer Inhalte" in Politik und Gesetzgebung den "ihnen zustehenden" Niederschlag finden. Außerdem sollten die Hersteller und Anbieter medialer Inhalte angemessene wirtschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen vorfinden und der gesetzliche Rahmen so gestaltet werden, dass Angebots- und Anbietervielfalt ermöglicht und ein diskriminierungsfreier Zugang sowie eine Auffindbarkeit der Angebote beim Nutzer gewährleistet wird. Auch soll sich die Politik nach den Vorstellungen der Deutschen Content Allianz dafür einsetzen, dass im Internet zum Schutz der Kultur- und Kreativwirtschaft ein effektiver und in der Praxis umsetzbarer Schutz von Inhalten gewährleistet wird.

"In Zeiten, in denen eine scheinbar endlose Vielfalt an medialen Inhalten und Angeboten praktisch jederzeit und an jedem Ort verfügbar ist, gerät die Leistung von Inhalteanbietern und -Produzenten gelegentlich in Vergessenheit. Das ist eine fatale Entwicklung, die auch auf europäischer Ebene befördert wird. Die Politik in Deutschland ist dazu aufgefordert, hier wachsam zu sein und gegenzusteuern", erklärte die WDR-Intendantin und derzeitige ARD-Vorsitzende Monika Piel bei der Vorstellung der Deutschen Content Allianz.


Nach der Kritik an einigen Positionen der Deutschen Content Allianz, “...die bei allen Entscheidungen und Weichenstellungen zur digitalen Entwicklung ihre Positionen berücksichtigt haben will...”, versuchte zumindest Jürgen Doetz zu beschwichtigen und bot der Digitalen Gesellschaft ein Gespräch an, schreibt netzpolitik.org, die politische Plattform für Freiheit und Offenheit im digitalen Zeitalter.

Beschwichtigungsangebot an Kritiker
Jürgen Doetz vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) ergänzte, dass man die Kernbotschaft nicht verwässern wolle, indem man nur einzelne Vorschläge einbringe oder sich "in Paragrafenformulierungen" ergehe. Es gebe nach wie vor natürlich auch weiter Streitpunkte unter den Partner. Es sei aber nicht mehr das Ziel, dass Private und Öffentlich-Rechtliche etwa weiter "aufeinander draufschlagen". Dazu "hat keiner mehr Lust". Man befinde sich zudem im Gespräch mit Gewerkschaften, die zum Teil bereits eigene Vorschläge zum Urheberschutz unterbreitet haben.

"Uns treibt die große Sorge zusammen, dass die Kreativwirtschaft auf der Strecke bleibt", konstatierte Steffen Kuchenreuther im Namen der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und der Produzentenallianz.

Seine Branche befinde sich in einer "dramatischen Situation" und fühle sich von der Politik allein gelassen, wenn deutsche Filme wie der Bushido-Streifen "Zeiten ändern dich" nur noch gut 500.000 Besucher in die Kinos lockten, im Netz aber 8 Millionen Mal angeklickt oder teils heruntergeladen würden und Inhalte "über Schwärme" oder "aus Wolken" generiert würden.

Der Kulturkampf ist entfacht
Es sei ein Trugschluss der nur zu "Dilettantismus" führe, wenn alle Inhalte im Netz frei zugänglich und kostenlos sein müssten, ergänzte Alexander Skipis vom Börsenverein des deutschen Buchhandels. Dieter Gorny, der Lauteste auf der Barrikade der Allianz, wollte seiner Meinung nach zwar keine "Kulturdebatte" entfachen, doch tatsächlich klang es wie Kulturkampf. Bei einigen fanden seine Worte sogar Gehör. So schloss sich jetzt auch Regisseur und Autor Helmut Dietl mit seiner Münchner Diana Film als zweihundertstes Mitglied der Produzentenallianz an. Angesichts der steigenden Mitgliederzahl könne der Verband nun "annähernd" für die ganze Branche sprechen und bekommt damit eine Meinungsmacht, die die Politiker nach ihrem Willen beinflussen kann. Deshalb sind vor allem die Internetaktivisten von der augenblicklichen Politik enttäuscht, seitdem Hans-Peter Friedrich vor gut zwei Monaten als neuer Innenminister auf Thomas de Maizií¨re folgte. Während der Vorgänger noch Dialogbereitschaft in vielen Dingen, wie bei der Vorratsdatenspeicherung zeigte und den Datenschutz verbessern wollte, hält der Nachfolger kompromisslos an einer Speicherdauer von sechs Monaten fest und stellt sich damit sogar gegen die FDP Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Künstler gegen Digital Rights Management
Viele Künstler, Autoren, Filmemacher und Musiker, die schlechte Erfahrungen mit Knebelverträgen der Industrie gemacht haben, wenden sich allerdings dagegen, wenn alles unter digitalem Rechtemanagement (DRM) verwaltet wird, denn jedes neue Medium wird von den Verlagen, Filmverleihern, Produzenten und Labels meist als Bedrohung der etablierten Verwertungen gesehen. Oftmals sind allerdings neue kreative Ideen erst im Netz auf YouTube oder my_space bekannt geworden, bevor sich die Industrie der Künstler annahm und unter ihren Bedingungen verpflichtete. Darüber hinaus gibt es etliche andere Beispiele von unnötiger Zensur und Einschränkung. 1963 erregte Ingmar Bergmanns "Das Schweigen" die Öffentlichkeit. Politiker wollten den Film verbieten, was glücklichereise die FSK verhinderte. Doch wenn ein Film erst einmal verboten wurde, ist er auch nach Jahren in einer sich verändernden Gesellschft nur äußerst schwer wieder frei zu bekommen und dann meist nur mit unnötig harten Schnittauflagen.

Quellen: Blickpunkt:Film | Heise | Netzpolitik.org | Tagesspiegel


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