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Kinodigitalisierung in der Zwickmühle

Frankreich wirbt für D-Cinema, während Deutschland vor zu hohen Kosten warnt.



Kino «Blow Up» musste schließen.

Die betrübliche Meldung vorab. Das unabhängige Kino Blow Up in Berlin Prenzlauer Berg musste Anfang des Monats den Spielbetrieb einstellen. Am Samstag, den 2.10.2010 war die Abschlussfeier des Kiezkinos. Noch im September konnte in den zwei Kinosälen des «Blow Up», die insgesamt für 166 Zuschauer Platz boten, das Contravison Jugendfilmfestival unter großer Begeisterung seiner Anhänger feiern. Obwohl das Kino eine lange und erfolgreiche Tradition in der Kinder- und Jugendkinoarbeit hat und 2008 noch einmal vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für ein hervorragendes Kinder- und Jugendfilmprogramm ausgezeichnet worden war, ist das Kinosterben der kleinen Filmtheater offensichtlich nicht aufzuhalten. Seit geraumer Zeit waren dem «Blow Up» die Werbeeinnahmen weggebrochen, weshalb vor den Filmen nur noch einige wenige Programmtrailer liefen und auf Werbung - sehr zur Freude der Zuschauer - ganz verzichtet wurde. Für das Abspielen digitaler Werbeclips von der Festplatte war man noch nicht gerüstet, obwohl ein Eiki DLP-Beamer vorhanden war. Doch mit 4500 ANSI Lumen war damit maximal XGA Office-Auflösung (1.024 x 768) im 16:9 Modus zu erreichen.


Heftige Diskussionen auf der Medienwoche@IFA.

Auch nach einer dreijährigen intensiven Erörterung unter Beteiligung des Bundes, der Länder und der Filmbranche ist die Finanzierung der Digitalisierung für etwa 1.000 Kinos, darunter viele Arthaus-Kinos, noch immer nicht geklärt. Zu den weiterhin offenen Fragen, so offenbarte die Debatte zur Kinodigitalisierung auf dem Panel der Medienwoche@IFA, gehören die Höhe der VPF (Virtual Print Fee), eine finanzielle Abgabe "virtueller Kopienkosten" an die Investoren der Umrüstung, die der Verleiher durch preiswerteren digitalen Vertrieb einsparen konnte. Außerdem sollte der technische Standard der kleineren Kinos sowie deren Finanzierung stärker berücksichtigt werden, die weder einen Zuschuss von den Verleihern, noch einen Vertrag mit einem Finanzinvestor erhalten. 15 Prozent der deutschen Kinoleinwände sind bisher digitalisiert, vor allem in den Multiplexkinos. Weniger als 10 Prozent der Leinwände sind 3D-fähig. International und national nimmt die Zahl digitaler Spielfilme aber stetig zu, zudem erhöht die Digitalisierung die Flexibilität der Kinos und senkt die Verleiherkosten.

Die FFA stellt 15 Mio. Euro für die Digitalisierung von Kinos zur Verfügung, die mindestens einen Umsatz von 40.000 Euro oder 8.000 Besucher pro Jahr erreichen. Das sind insgesamt 1.500 Kinos. Damit könnten bei einem Investitionsaufwand von 72.000 Euro maximal 48.000 durch Steuermittel des Bundes und der Länder und Branchenmittel der FFA gedeckt werden. Die Frage, woher die restliche Finanzierung von ca. 24.000 Euro bei den Kinos kommen soll, die dazu nicht aus eigenen Kräften in der Lage sind, blieb aber unbeantwortet. Für die Zukunft der Arthouse-Kinos könne der gegenwärtige Stand der Diskussion tragisch enden. Kaum ein kleineres Kino ist in der Lage, die Finanzierungslücke zu den öffentlichen Mitteln aus eigener Kraft zu schließen. Zwar würden sich die Filmverleiher mit einem Gesamtvolumen von ca. 20 Mio. Euro beteiligen, aber kein Kino werde den gleichen Betrag erhalten und nicht jedes Kino werde auf einen Verleiherzuschuss hoffen können, da die finanzielle Beteiligung nur in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kinos erfolge.

Die filmpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Krüger-Leißner bedauerte, dass die ursprünglich flächendeckende Branchenlösung, die vor drei Jahren angestrebt worden ist, nicht durchsetzbar ist. Dennoch halte es die Politik für wichtig, dass möglichst alle Kinos als Orte der Kultur, erhalten bleiben und nicht einer digital-getriebenen Marktbereinigung zum Opfer fallen. Deshalb will der Bund mit vier Millionen Euro jährlich vor allem die kleineren Kinos fördern, um eine Kino-Grundversorgung auch in ländlichen Gebieten zu garantieren. Krüger-Leißner forderte den Haushaltsausschuss des Bundestages auf, diese Mittel für 2010 freizugeben, auch wenn sich noch nicht alle Länder an der Finanzierung beteiligen, damit noch 2010 die Umrüstung in großem Umfang beginnen kann.

Außerdem forderte sie die Überarbeitung des BKM-Digitalisierungsmodells und zugleich die Abrüstung überzogener DCI-Spezifikationen, um die Nachhaltigkeit der eingesetzten Fördermittel zu gewährleisten.
DCI (Digital Cinema Initiatives) ist ein Zusammenschluss der sieben Majors Buena Vista, Century Fox, MGM, Paramount, Sony, Universal und Warner Bros. mit der National Association of Theater Owners (NATO), dem Verband der Kinobetreiber, der mittlerweile 95 Prozent des US-Filmmarktes kontrolliert.
Nach Meinung von Frau Krüger-Leißner sind nur technische Standards sinnvoll, die einerseits den Erfordernissen und Möglichkeiten der kleineren, mittelständischen Kinos in der Fläche sowie der Programm- bzw. Arthousekinos angemessen sind. Der BKM sei deshalb gefordert, mit der Verleihwirtschaft unter Einbeziehung der unabhängigen Verleiher eine Klärung herbeizuführen. Das jetzige Finanzierungsmodell sei keine Garantie, dass alle Kinos den Übergang in das digitale Zeitalter überleben werden.

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125 Mio. Euro für Kinodigitalisierung in Frankreich

Der französische Kulturminister Frédéric Mitterand will das D-Cinema vorantreiben und hat deshalb die Höhe der Förderungen zur Digitalisierung der französischen Kinos festgesetzt. 100 Mio. Euro werden vom Centre National du Cinéma et de l'image animée (CNC) den Kleinbetrieben zur Verfügung gestellt. Dies betrifft tausend Leinwände, deren Umsätze nicht ausreichend sind, um mit einem Drittanbieter kooperieren zu können. Die Gebietskörperschaften, insbesondere die Regionen und die Städte, werden ihrerseits der technischen Umwandlung der Kinos mindestens 25 Mio. Euro widmen. Dank dieser zweiten Finanzierungsquelle werden 500 weitere Spielstätten ausgerüstet, die nur teilweise Filme vorführen. Es handelt sich dabei neben Freiluftkinos überwiegend um Kultur-und Unterhaltungszentren, die weit von einem herkömmlichen Filmtheater entfernt liegen. Viele Regionen, wie zum Beispiel Rhí´ne-Alpes (Lyon), Provence Alpes Cí´te d'Azur (Marseille), Aquitaine (Bordeaux) oder Nord - Pas de Calais (Lille), sind dem neulich in Kraft getretenen Gesetz zur Digitalisierung der Kinos zuvorgekommen und fördern schon seit einigen Monaten die Umrüstung der infrage kommenden Häuser. Das geplante Volumen wird voraussichtlich schnell erzielt und sogar überschritten.

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Anbieter für Kinodigitalisierung eröffnet Büro in Berlin

Um künftig direkt auf dem deutschen Markt als Direktanbieter für Dienstleistungen zur Kinodigitalisierung agieren zu können, erweitert der unabhängige Drittanbieter Arts Alliance Media (AAM) seine europäische Präsenz und eröffnet eine Filiale in Berlin. Die Leitung der Filiale übernimmt Caspar Nadaud, International Sales Manager von AAM. Er war die letzten drei Jahre in der Londoner Filiale tätig. Zuletzt hatte AAM in Barcelona eine Außenstelle für die Region Spanien und Portugal gegründet.

AAM befindet sich nach eigenen Angaben bereits mit mehreren deutschen Akteuren im Gespräch. Die Filiale in Berlin schaffe die nötigen Ressourcen, um mit Partnern in Deutschland zusammenzuarbeiten.
"Der deutsche Markt ist voller Potenzial, weshalb wir Deutschland als Schlüsselmarkt für unser europäisches Portfolio betrachten und hier umfangreiche Ressourcen einsetzen werden",
ergänzte AAM-Geschäftsführer Howard Kiedaisch.

Quellen: medienwoche@ifa, Blickpunkt:Film, FFA


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