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71. Filmfestspiele von Venedig - Bilanz und Preise

Der Goldene Löwe ging an schwedischen Film von Roy Andersson.



Bei den 71. Internationalen Filmfestspielen von Venedig, dem ältesten Filmfestival der Welt, das neben Cannes und Berlin zu den wichtigsten der Branche zählt, wurde gestern Abend der schwedische Film "A Pigeon sat on a branch reflecting on existence" oder ("Eine Taube auf dem Ast...") des 71-jährigen Regisseurs Roy Andersson mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Hier der Trailer:




Silberner Löwe für russische Doku.
Der Silberne Löwe für die beste Regie ging an den russischen Beitrag „The Postman's White Nights“ von Andrej Končalovskij, der im dokumentarischen Stil einen Briefträger begleitet, welcher per Boot als Zusteller auf einem See im Norden Russlands unterwegs ist. Hier der Trailer:




Großer Preis der Jury an Joshua Oppenheimer.
Der Große Preis der Jury ging an den Dokumentarfilm "The look of silence" des US-amerikanischen Filmregisseurs Joshua Oppenheimer, der bereits im letzten Jahr mit dem von Werner Herzog produzierten Film "The Act of Killing" auf verschiedenen Festivals Aufsehen erregt hatte. In beiden Filmen setzt sich Oppenheimer mit dem Genozid in Indonesien Mitte der 1960er Jahre auseinander, das bis heute nicht gesühnt wurde, denn die damaligen Tötungskommandos leben zumeist reich und unbehelligt mitten unter der Bevölkerung weiter. Hier der Trailer:




Spezialpreis an Berliner Filmemacher.
Mit dem Spezialpreis der Jury wurde der deutsch-türkische Film "Sivas" von Kaan Müjdeci ausgezeichnet. Erzählt wird von einem Jungen und dessen Kampfhund in einem türkischen Dorf. Wir hatten das Erstlingswerk mit einem Filmausschnitt bereits in unserem Vorbericht vom 26. August 2014 als deutsche Koproduktion vorgestellt. Hier jetzt der offizielle Trailer:




Interfilm-Preis an Daniel Oelhoffen.
Viele Filme zeigten Leid, Krieg und Elend. Das Gespür der Filmemacher, dass die Welt derzeit überall aus den Fugen gerät und in Kämpfe verwickelt wird, scheint bei den häufig sehr langen Drehvorbereitungen, fast eine Vorahnung gewesen zu sein. Dazu gehört auch das Algerienkriegs-Drama "Loin des hommes" ("Far from men") des Franzosen Daniel Oelhoffen, das auf einer Kurzgeschichte von Albert Camus basiert und in Algerien Mitte der Fünfzigerjahre spielt.
Ein französischer Lehrer (Viggo Mortensen) einer abgelegenen Dorfschule bringt einen arabischen Gefangenen durchs umkämpfte Land, um ihn der Justiz zu übergeben. Die beiden lernen vor beeindruckender Naturkulisse voneinander als sie in ein blutiges Scharmützel zwischen Freiheitskämpfern und Soldaten geraten.

Das Werk erhielt den Interfilm-Preis zur Förderung des interreligiösen Dialogs. Der Preis ist undotiert und wurde zum 3. Mal vergeben. Hier der Trailer:




Hauptpreis der Orizzonti-Schiene geht an indischen Film.
Vom Bösen im Menschen, von Krieg und Vertreibung, erzählte auch Fatih Akins neuer Film "The Cut", dessen Trailer wir ebenfalls am 26. August 2014 vorgestellt hatten.



Ausgangspunkt des Werkes ist der Völkermord an Armeniern während des Ersten Weltkriegs. Dem hohen Anspruch wird der Film wohl nicht immer gerecht, auch wenn die Kamera von Rainer Klausmann in großartigen Cinemascope-Bilder das postapokalyptische Szenario sterbender und bereits toter armenischer Familien im Zeltlager weiter, karger Berglandschaften dramatisch einfängt. Wichtiger war dem Regisseur jedoch, den Überlebenskampf des Protagonisten auf der Suche nach seinen Töchtern zu schildern. Dabei verliert er sich offensichtlich in zu viele Details und irrt zu oft in den engen Gassen Kubas hin und her, wo der Film u.a. gedreht wurde.

Weder Akins Film, noch die von dem Österreicher Ulrich Seidel produzierte deutsche Koproduktion "Ich seh Ich seh" der Filmemacher Veronika Franz und Severin Fiala, konnten letztendlich Preise abräumen. Letzterem waren in der Orizzonti-Schiene immerhin gute Chancen eingeräumt worden. Statt dessen eroberte dort der indische Film "Court" des Regisseurs Chaitanya Tamhane den ersten Preis.

Beste Schauspielerin und Bester Schauspieler aus Hungry Hearts gekürt.
Den Goldenen Löwen für den besten Schauspieler erhielt Adam Driver, verzweifelter Vater im Film des italienischen Regisseurs Saverio Costanzo "Hungry Hearts". In demselben Fim spielt die Italienerin Alba Rohrwacher, die als beste Schauspielerin gekürt wurde. "Hungry Hearts" kreist um den Kampf zwischen zwei Eheleuten um die Ernährung des einzigen Sohnes. In einer herrlich komischen Eingangssequenz lernen sich die beiden kennen. Sie werden gemeinsam in einer engen Toilette eines Restaurants eingesperrt. Rasant, mit nur ganz wenigen Szenen erzählt, wird sie schwanger, heiraten sie, und mit der Leichtigkeit ist es vorbei, wird aus der Komödie ein intensives Drama, ja Horrorstück, das die Enge vom Anfang in der Wohnung der beiden klaustrophobisch wirken lässt. Die junge Mutter will das Haus nicht verlassen, um das Baby vor schädlichen Einflüssen zu schützen, füttert es nur mit selbstgezogenen Gemüse, so dass es nicht richtig wächst.

Bestes Drehbuch an iranischen Film "Ghesseha".
Für das beste Drehbuch wurde "Ghesseha" ("Tales") der iranischen Regisseurin Rakhshan Bani-Etemad ausgezeichnet. Bani-Etemad bietet in ihrem Werk ein breites Panorama der modernen Gesellschaft in ihrem Land an. Die Filmemacherin konzentriert sich dabei auf Frauenfiguren. Einem vom Westen erwarteten Klischee - das der unterwürfigen Frau - begegnet man im Film allerdings nicht.

3. Venedig Film Markt trumpfte mit neuen Initiativen auf.
Im Rahmen der 71. Internationalen Fimfestspiele in Venedig eröffnete auch der 3. Venedig Film Markt gleich zu Beginn der Mostra seine Pforten und lockte mit 40 Weltvertrieben und rund 134 Verleihern schon an den ersten beiden Tagen Produzenten, Verleiher, Weltvertriebe und Vertriebsagenturen aus der ganzen Welt nach Venedig.

Zum ersten Mal startete Venedigs Filmmarkt in diesem Jahr eine Partnerschaft mit der chinesischen Internetfirma iQIYI. „Wir möchten den Austausch zwischen Europa und dem Fernen Osten fördern“, unterstrich Film Market Director Pascal Diot. „Es liegt nahe, dabei mit dem größten Videoportal in China zu kooperieren, zumal diese nun auch in die Produktion einsteigen.“

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Austausch von italienischen Produzenten, Weltvertrieben und Verleihern mit internationalen Branchenvertretern bei zahlreichen Networking-Events sowie Panel-Diskussionen, Konferenzen und Case Studies.

Seine Premiere feierte auch der erste European Gap Financing Co-Production Market, bei dem ausschließlich Filmvorhaben vorgestellt wurden, die bereits zu 70 Prozent finanziert sind. „Es gibt eine Vielzahl von Koproduktionsmärkten, bei denen Projekte präsentiert werden, die sich im Entwicklungsstadium befinden“, erklärte Diot. „Wir konzentrieren uns hingegen primär auf die Fertigstellung Postproduktion sowie den Vertrieb von Filmprojekten wie bereits unsere Initiativen Final Cut, Biennale College und Meet the CICAE Independent Distributors zeigen.“

Unter den 15 ausgewählten Projekten, die beim European Gap Financing Co-Production Market vorgestellt werden, befanden sich auch zwei Filmvorhaben, an denen deutsche Koproduzenten beteiligt sind. „Yesterday“ von Balint Kenyeres entsteht in Kooperation zwischen Ungarn, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und Deutschland. An „Sworn Virgin“ von Laura Bispuiri sind Produzenten aus Italien, Albanien, Deutschland und der Schweiz beteiligt.

Neu war auch die Initiative Meet the CICAE Independent Distributors, die vorsah, die Vertreter von Weltvertrieben mit internationalen Arthouse-Kinobetreibern zusammenzubringen, um ihnen frühzeitig Trailer vorstellen zu können.

Link: www.labiennale.org/en/cinema
Quellen: Der Standard | AFP | Tagesanzeiger | Blickpunkt:Film | filmecho

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