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Trauer beim Filmfestival in Odessa

Russland fordert Beweise für Abschuss von Flug MH17.



Am 17. Juli 2014, zwei Tage vor der geplanten Abschlussfeier des Odessa International Film Festivals, das vom 11.-19. Juli 2014 im ostukrainischen Odessa am Schwarzen Meer stattfand, wurden die angereisten Filmvertreter, nicht durch einen Gruselschocker auf der Leinwand, sondern von der Wirklichkeit eingeholt. Statt eines Abschlussfeuerwerkes gab es Trauerkerzen auf der Treppe der erst fünften Ausgabe des aufstrebenden Filmfestivals und der rote Teppich wurde wieder eingerollt.

Die Toten des Fluges MH17 - Welche Verantwortung hat Putin?
An diesem Tage wurde Flug MH17 der Malaysia Airlines von pro-russischen Separatisten in der Ostukraine abgeschossen. 298 Menschen an Bord der Boing 777 fanden den Tod. Spätere Film- und Fotoaufnahmen belegen noch vor Auswertung des von den Separatisten tagelang zurückbehaltenen, aber unversehrten Flugschreibers, den Abschuss durch eine von Russland an die Separatisten gelieferte tödliche Buk-Flugabwehr-Rakete. Eine vorsätzliche Beteiligung kann man den Russen zwar nicht machen, aber das Putin sich erst drei Tage nach dem Vorfall auf Druck von Außen zur Sache äußert, verwundert sehr.

Dispute und Propaganda im Fernsehen.
Schlimmer noch ist die Stellungnahme eines offiziellen russischen Diplomaten in Anne Wills Talkshow am 23.07.2014 in der ARD, die sehr an die ständige und einseitige Propaganda im russischen Fernsehen erinnert. Anne Will versammelte im ARD-Studio zur Debatte über die Tragödie die Gesandten Russlands und der Ukraine in Deutschland, Oleg Krasnezki und Wasyl Chymynetz, sowie Harald Kujat, General und Ex-Generalinspektor der Bundeswehr, den CDU-Ukrainespezialisten Karl-Georg Wellmann und die Redakteurin der Süddeutschen Zeitung, Cathrin Kahlweit.

"Es seien alles Lügen und gefälschte Fotos, die im Umlauf seien", so der russische Diplomat sinngemäß. "Russland fordere Beweise für den Abschuss, die seiner Meinung nie erbracht werden könnten. Es würde sich herausstellen, das kein Schuldiger aus seinem Land auszumachen sein wird", so der Diplomat Oleg Krasnezki weiter. Auf Anne Wills Frage, ob er nicht betroffen sei und Mitleid empfinde, kam nur die lakonische Antwort, dass es nicht das erste Mal sei, dass Flugzeuge vom Himmel fallen. Fast beiläufig spricht er sein Beileid aus, aber vertritt auch die offizielle Linie, wonach Russland am ukrainischen Bürgerkrieg nicht beteiligt sei. Wohl wissend, dass er für diese Position wenig Verständnis ernten wird, senkt der Diplomat dabei den Blick fatalistisch zu Boden und verweist auf einen Fall aus dem Jahr 2001, als eine russische Passagiermaschine angeblich durch die ukrainischen Streitkräfte über den Schwarzen Meer abgeschossen worden war.

Kommt der Aggressor aus Russland?
Der offizielle ukrainische Vertreter, Wasyl Chymynez, behauptete zwar das Gegenteil in der Sendung und spricht von Zeugenaussagen sowie auf die inzwischen erfolgte Bestätigung durch einen Separatisten, tatsächlich im Besitz von Buk-Raketen zu sein, die mühelos bis weit über 10.000 Meter Höhe steigen können. Auch die USA können inzwischen mit Satellitenaufnahmen beweisen, dass Granaten und Raketen sogar direkt vom russischen Territorium aus auf die Ukraine abgeschossen werden, dennoch wollen sie Russland vorerst nur eine indirekte Kriegsbeteiligung vorwerfen, um einer diplomatischen Lösung nicht den Weg zu versperren. Allerdings verfügen sie nach eigenen Angaben über handfeste Hinweise für eine Beteiligung der Separatisten am Abschuss von Flug MH17. Nach US-Angaben sei das Flugzeug aber vermutlich aus Versehen von den Separatisten auf ukrainischem Gebiet abgeschossen worden. Wahrscheinlich habe eine "schlecht ausgebildete Besatzung" das Raketensystem nicht richtig beherrscht, sagte ein US-Geheimdienstbeamter. Hier das Video zum Abschuss.



Russland fühlt sich in die Enge getrieben.
Russland fordert dennoch weiter Beweise von den USA und der Ukraine für Abschuss von Flug MH17, damit Putin nicht wie ein Deppe dastehe. Dessen Ziel ist allerdings die einstige Vorherrschaft, welche die Sowjetunion vor dem Zerfall in ihrem Reich besaß. Diese Macht möchte Putin auch für Russland wieder erlangen. Dazu müssten jedoch die einst zur Sowjetunion gehörenden Länder, wie die Ukraine, zurückerobert werden. Deshalb werden auch die legalen, demokratischen Wahlen des ukrainische Präsidenten Poroschenko von Russland nicht anerkannt, sondern immer neue Vorbehalte erfunden und zudem auf den angeblich wahren Aggressor verwiesen: Eine „faschistische Junta“ in Kiew. Mit der Eroberung der Krim hat Putin aber den Anfang seiner eigentlichen Absicht bereits vorgemacht. Zur aktuellen Lage ein Videobericht der Deutschen Welle (DW).



Rückschlag für das Filmfestival in Odessa
Für das Odessa International Film Festival ist der Vorfall ein herber Rückschlag. Das ukrainische Festival wollte seine Öffnung zum Westen unter Beweis stellen und den angereisten internationalen Gästen und Branchenvertretern einen Überblick über das aktuelle Filmschaffen in der Ukraine und Russland sowie weiteren GUS-Staaten verschaffen.

Zahlreiche Vertreter und Direktoren internationaler Festivals, wie Dieter Kosslick von der Berlinale, hatten sich in einem Schreiben an die zahlreichen Verleiher gewandt, dem Festival in Krisenzeiten die üblichen Verleihgebühren zu erlassen und statt dessen diesmal umsonst Filme zur Verfügung zu stellen, damit das junge Festival mit Vorschusslorbeeren eine Überlebenschance bekäme. Die fünfte Ausgabe sollte eigentlich einen Aufbruch zeigen und nicht im Desaster enden.

Georgischer Film gewinnt den Hauptpreis.
Immerhin hatten am internationalen Wettbewerb zwölf Filme teilgenommen – darunter der chinesische Berlinale-Gewinner „Feuerwerk am helllichten Tag“ und das deutsche Buddy-Psychodrama „Stereo“. Sogar ein russischer Film war mit darunter, obwohl viele Russen Angst hatten zu kommen. „Star“, eine intensive Dreiecks-Psychostudio der in Moskau lebenden Regisseurin Anna Melikyan nahm dennoch teil. Zudem brachte die Georgierin Nana Djordjadze mit ihrem Teenager-Liebesfilm „My Mermaid, my Lorelei“ eine ukrainisch-russische Koproduktion mit ans Schwarze Meer. Den Preis des »Besten Filmes« gewann ihr 1973 in Tiflis geborener Landsmann Levan Koguashvili mit seinem Drama „Blind Dates“ über einen 40-Jährigen, der sich in eine verheiratete Frau verliebt. Hier der Trailer:



Besonders am Herzen lag der Festivalleiterin Julia Sinkyevich allerdings der nationale Wettbewerb. Das Publikum habe so emotional reagiert wie noch nie, sagt sie. Und als die gezeigte "Maidan"-Doku des preisgekrönten ukrainischen Regisseurs Sergej Loznitsa mit der ukrainischen Hymne begann, sangen alle mit. Bereits beim Festival von Cannes hat der Film für Aufsehen gesorgt, in Odessa feierte der Regisseur nun seine Ukraine-Premiere im Rahmen der Reihe „Way To Freedom“, die Bürgerproteste in Osteuropa thematisiert. Das Kino des Landes ist noch in der Phase der Selbstfindung. Es gibt keinen nennenswerten Filmmarkt, in den vergangenen 15 Jahren wurden in der Ukraine hauptsächlich russische Serien produziert.

Auch im kommenden Jahr soll es wieder ein Festival in Odessa geben. Aber noch weiß niemand, ob der sich der Konflikt bis dahin legen, oder ausweiten wird.

Link: oiff.com.ua/en/
Quellen: FAZ | Tagesspiegel | RP-Online | Berner Zeitung | DW | Bild | ARD

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