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Erstes Roma Filmfestival in Berlin

Eröffnungsfilm der letzten 67. Berlinale läutet auch das Roma Filmfestival ein.



Vom 19.- 22. Oktober 2017 findet unter der Schirmherrschaft von Dr. Klaus Lederer das erste Roma-Filmfestival AKE DIKHEA? in Berlin statt. Festivalkino ist das Moviemento in Kreuzberg. Die Festivalfilme fokussieren sich auf das Leben von Roma in Europa – und setzten sich dabei kritisch mit der europäischen Gesellschaft auseinander.

Der Name ist Programm: Das Festival stellt die Frage „Ake dikhea?“ - übersetzt: „Na, siehst Du?“. Dabei wird gegen die Blindheit gegenüber der vielfältigen, komplexen Realität angekämpft, die den weit verbreiteten, stereotypen Vorstellungen über Roma und Sinti nicht entspricht. Die Schirmherrschaft der ersten Edition übernimmt Dr. Klaus Lederer, Senator für Europa und Kultur des Landes Berlin.

„AKE DIKHEA?“ hebt Filme hervor, die antiziganistische Klischees kritisch reflektieren und bewusst dekonstruieren. Die in erster Reihe von Menschen handeln, und erst in zweiter Reihe von Roma. Damit setzt das Festival Maßstäbe“, so Dr. Klaus Lederer.


Das Filmfestival, welches anlässlich des fünften Jahrestages der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Deutschlands stattfindet, stellt an die ausgewählten Filme drei Ansprüche: Authentizität, Individualität und gesellschaftliche Relevanz.

Hamze Bytyci, künstlerischer Leiter des Festivals betont, dass sich in der Filmlandschaft endlich eine neue, authentische Bildersprache durchsetzen müsse. Aus diesem Grund wurden Vorschläge für Festivalfilme von Roma aus ganz Europa angenommen, auch die Festivaljury wurde mehrheitlich mit Roma-Filmemacher*innen besetzt. Die internationale Jury hat einen besonderen Wert auf die Individualität der Filmprotagonist*innen und deren Geschichten gelegt.

So handelt der Eröffnungsfilm "DJANGO", der auch die letzte 67. Berlinale eröffnet hatte, etwa nicht rein von der „Roma- oder Sinti-Musik“, sondern auch von der persönlichen Geschichte des Manouche-Jazzgitarristen Django Reinhardt, der trotz seines Ruhms der NS-Verfolgung nicht entkommt. Hier der Trailer:



Die Eröffnung des Roma Filmfestivals findet in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie zu Berlin und dem Landesrat der Roma und Sinti, RomnoKher Berlin-Brandenburg, am Donnerstag, den 19. Oktober 2017 statt. 

Auch die musikalische Filmreise "GYPSY SPIRIT" porträtiert nicht nur die Suche eines Sinto-Musikers nach den erahnten indischen Wurzeln seiner Musik – sondern auch einen waschechten Wiener in einem fremden, für ihn exotischen Land. Hier der Trailer:



Es wird allerdings nicht nur musikalisches geboten, denn Festivals wollen auch eine politische Botschaft vermitteln. So wurden vor allem Filme ausgesucht, die eine hohe Aktualität und Relevanz für unsere heutige Gesellschaft haben.

Eszter Hajdú, ungarische Filmregisseurin und Jurymitglied hebt den Film "TSCHECHEN GEGEN TSCHECHEN - Czechs against Czechs" hervor. Dieser gehe grundlegenden Fragen unserer Zeit nach und spreche Probleme wie Rechtsextremismus, Neonationalismus und strukturellen Rassismus an – die spätestens mit dem Einzug der AfD in den Bundestag auch in Deutschland an erneuter Brisanz gewinnen. Hier der Trailer:



Über den Film:

In Tschechien liegt der Anteil der Roma zwar nur bei 2 bis 3% der Gesamtbevölkerung. Allerdings sind 60% aller Gefängnisinsassen Roma. Da wundert es nicht, das Nachbarn sich immer wieder mit dem Thema auseinandersetzen, aber manchmal auch an Demonstrationen gegen Roma teilnehmen. Nun ist das Publikum aufgefordert, sich zu empören oder mitzufühlen.


Es sind aber auch andere aktuelle Debatten, zu denen das Festival beiträgt. Der Film "MEN WITH BALLS" zeigt die Skurrilität und die Eigenlogik der EU-Bürokratie: Der Bürgermeister eines kleinen ungarischen Dorfes, in dem die meisten Bewohner arbeitslos sind, baute einen neuen Tennisspielplatz, da es dafür eine Förderung gab. Die Tatsache, dass es ganz anderer Dinge in seiner Gemeinde brauche, wird in den Hintergrund gedrängt.

"GEHEIMGEHALTENE BRIEFE" beschäftigt sich wiederum mit der Zwangsassimilation von Roma-Kindern in der Nachkriegs-Tschechoslowakei – und wirft damit ethisch-moralische Fragen auf, die auch für die heutige Integrationspolitik interessant sind.

Im Forum der 64. Berlinale 2014 wurde u.a. "THE FOREST IS LIKE THE MOUNTAINS - Der Wald ist wie die Berge" gezeigt. Die Doku, die jetzt noch einmal beim ersten Roma Filmfestival in Berlin am Freitag, 20. Oktober 2017 um 16:00 Uhr zu sehen ist, schildert eindrucksvoll das Leben in einem rumänischen Dorf, wo die meisten Bewohner zu arm sind, um sich Feuerholz leisten zu können. Hier der Trailer:



Elisabeths Filmkritik:

"Was filmt die Frau da?" fragt eines der Kinder in der kleinen Siedlung bei Sfantu Gheorghe. Die ältere Frau, der die Kamera folgt, antwortet knapp: "Die Welt". Man könnte diesen Film als Betrachtung eines Mikrokosmos verstehen. Im Jahr 2004 waren Christiane Schmidt und Didier Guillain durch Rumänien gereist. Dort lernten sie die Familie Lingurar kennen. Jedes Jahr reisten sie in das kleine Dorf in Rumänien zurück, aus freundschaftlicher Verbundenheit. Irgendwann kam die Idee auf, einen Film mit den Bewohnern zu machen. Christiane Schmidt studierte an der HFF München, dies ist ihr Abschlussfilm, und Didier Guillain an der INSAS in Brüssel. Beide wählten den Schwerpunkt Kamera, wobei er hier den Ton machte. Die Stärke von "Der Wald ist wie die Berge", so der Titel auf dem DOK.fest München, ist die visuelle Kraft, mit der das Regie-Duo den Alltag in den Ablauf der Jahreszeiten einbinden, und das mit einem Sinn für die Einfachheit des Lebens. Ihnen gelang es, eine Leichtigkeit zu vermitteln, in der es trotzdem um gewichtige Themen wie Liebe, Arbeit, Politik geht, ohne Spannungen im Alltag zu verbergen. Die Nähe zu den Protagonisten spürt man. Es ist ein Miteinander, ein Grundvertrauen ermöglicht Einblicke und eine Draufsicht, die allen Klischees, die manche über Roma-Familien haben mögen, Lügen strafen. Armut und Arbeitslosigkeit werden nicht vorgeführt, sondern schälen sich aus den Gesprächen heraus. Daraus folgt allerdings, dass nur so viel vermittelt wird, wie diese bereit sind zu teilen.

Elisabeth Nagy


Einen Preis in Cannes hat Regisseur Alexander Nanau für "TOTO AND HIS SISTERS - Toto si surorile lui" gewonnen, der am Samstag, 21. Oktober 2017 um 16:00 Uhr im Moviemento läuft. Nanau hat an der DFFB studiert und führt jetzt eine Produktionsfirma in Bukarest. Sein Film steht exemplarisch auch dafür, wie schwimmend die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm sein können. Hier der Trailer:



Synopsis:

Toto lebt im Ghetto eines Bukarester Randbezirks. Seine Mutter wird verurteilt wegen Drogenhandels. Die zwei älteren Schwestern versuchen die Familie zusammen zu halten, sehen sich aber konfrontiert mit einem sozialen und politischen Umfeld, das ihnen wenig Chancen gibt.


Neben wichtigen Filmen umfasst das Festivalprogramm unter anderem eine Podiumsdiskussion und einen Workshop zur Darstellung von Roma im Film, der im Aufbauhaus am Moritzplatz stattfindet. Außerdem werden Aufführungen für Schulen sowie ein Filmworkshop für Jugendliche bei Journey 2 Creation (J2C) in der Harzer Str. 39 in Berlin-Neukölln angeboten, in dem der Film als Selbstermächtigungsmittel vorgestellt wird. Es dürfen natürlich Diskussionen mit den Filmemacher*innen nicht fehlen, die bei den meisten Aufführungen anwesend sein werden. Eine Möglichkeit der Begegnung mit den Festivalgästen stellt dann der abschließende Galaabend dar, bei dem der Jury- sowie Publikumspreis übergeben werden:

Galaabend AKE DIKHEA?
22. Oktober, 18.30 Uhr
Lounge im Moviemento,
Kottbusser Damm 22
10967 Berlin

Veranstaltet wird das Festival von der Berliner Roma-Selbstorganisation RomaTrial in Zusammenarbeit mit dem ältesten Kino Deutschlands, dem Moviemento, der Agentur Journey 2 Creation, der selbstorganisierten Filmschule filmArche sowie der Evangelischen Akademie zu Berlin. ROMADAY, das breite gesamtgesellschaftliche Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas, sowie der Landesrat der Roma und Sinti, RomnoKher Berlin-Brandenburg, bieten freundliche Unterstützung. Gefördert wird das Projekt durch den International Visegrad Fund, Medienpartner ist taz. die tageszeitung.

Alle Informationen sowie das Programm finden sich auf der offiziellen Website unter: roma-filmfestival.com

Quellen: NOISE Film PR | Berliner Filmfestivals


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