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Deutsche Filmakademie schickte Brandbrief nach Brüssel

Deutsche Filmakademie fordert Erhalt des Territorialprinzips in der EU.



Die Mitglieder der Deutschen Filmakademie hatten sich auf ihrer Vollversammlung am 8. Oktober 2017 aus aktuellem Anlass noch einmal geschlossen und ausdrücklich für den Erhalt des Territorialprinzips in der Europäischen Union ausgesprochen. Der von den Vertretern aller kreativen Gewerke des Filmschaffens getragene Appell richtete sich konkret an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, dessen Rechtsausschuss (JURI) am 10. Oktober 2017 in Brüssel tagen sollte, aber auf Dezember verschoben wurde.

Es geht um die Abstimmung des Ausschusses über Veränderungen in der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Sat/Cab-Verordnung, die als Teil der Digitalen Binnenmarkt-Strategie der EU das sogenannte Ursprungslandprinzip einführen möchte. Nach diesem Vorschlag müssten TV-Sender die Online-Rechte eines Films nur noch für ein EU-Mitgliedsland erwerben und könnten die Nutzung ihrer Online-Dienste (wie z.B. die Mediatheken) im gesamten EU-Binnenmarkt ermöglichen.

Darin sieht die europäische Kreativbranche „in deutlicher Geschlossenheit eine Bedrohung des für die Wirtschaftlichkeit und Vielfalt des europäischen Films so wichtigen Territorialprinzips“.  

Iris Berben, Präsidentin der Deutschen Filmakademie, auch mit Blick auf den im JURI-Ausschuss zuständigen Berichterstatter Tiemo Woelken (SPD): „Es ist schwer zu verstehen und noch schwerer zu ertragen, dass EU-Abgeordnete, die für die Gestaltung der Rahmenbedingung einer Zukunft des europäischen Films zuständig sind, ausgerechnet die Argumente der Kreativen des europäischen Films konsequent ignorieren.“

Weiter heißt es in dem Papier der Deutschen Filmakademie: „Wir empfinden es als eine Missachtung der Kultur-, Produktions- und Kreativbranche, dass die nun zur Abstimmung stehenden Vorschläge unsere berechtigten Sorgen und Bedenken nach unserer Kenntnis nicht im Ansatz berücksichtigen. Daher dürfen wir Sie eindringlich darum bitten, den Vorschlägen des Berichterstatters nicht zuzustimmen und so ein klares Zeichen für eine starke europäische Kreativlandschaft zu setzen.“


Wie der Rechtsausschuss (JURI) des Europäischen Parlaments über Twitter mitteilte, wurde die Abstimmung zur SatCab-Verordnung kurzfristig verschoben, was aber nicht ganz ungewöhnlich ist, denn auch die Abstimmung im federführenden Rechtsausschuss über den Richtlinienentwurf zum "Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt" wurde bereits mehrfach neu angesetzt. Nun soll der 7. Dezember 2017 der aktuell gültige Termin sein. Laut der Initiative Urheberrecht liegen alleine 330 Änderungsanträge für die Abstimmung vor.

Zum Hintergrund:

Die EU-Kommission hatte am 14. September 2016 einen Vorschlag für eine neue Richtlinie zu Onlineübertragungen von Rundfunkveranstaltern vorgestellt. Die in diesem Zusammenhang benannten Vorschläge der Europäischen Kommission zur Novellierung des europäischen Urheberrechtsrahmens wurden seinerzeit von der deutschen Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zwar begrüßt, dennoch sah SPIO-Präsident Alfred Holighaus schon damals das Territorialitätsprinzip in Gefahr, wie wir 19. Dezember 2016 berichteten.

Am 2. Mai 2017 hatten dann 411 Unterzeichner eines Offenen Briefes an führende Staatsmänner der Europäischen Union vor Abschaffung des Territorialprinzips gewarnt und erläuterten in einer einzigartigen Geschlossenheit vor den negativen Auswirkungen durch ein Aufweichen territorialer Lizenzmodelle für jeden an der Wertschöpfung Beteiligten. Zu den Unterzeichnern gehörten Drehbuchautoren, Schauspieler, Regisseure, Produzenten bis hin zu privaten Sendern, die alle immer wieder auf die wirtschaftlichen Gefahren hinwiesen.

Die Bedrohung der Kreativen durch ein Aufweichen territorialer Lizenzmodelle und einer Ausweitung des Ursprungslandsprinzips, scheint zwar nach dem Brandbief noch nicht gebannt zu sein, hat aber europaweit große Beachtung gefunden und ist mittlerweile einigermaßen eingeschränkt worden. Denn bereits Ende Juni hatte der Kulturausschuss des Europaparlaments gegen den Widerstand der Ausschuss-Vorsitzenden Petra Kammerevert (SPD), die im Rundfunkrat des WDR sitzt, mit großer Mehrheit einen Beschluss formuliert, der als Grundlage für die Beratung im Rechtsausschuss dienen sollte - und der das Territorialitätsprinzip wahrte.

Dennoch appellierten die betroffenen Filmschaffenden aus allen Gewerken nochmals an die Europäische Union, dass das Territorialprinzip im Sinne einer prosperierenden kulturellen Vielfalt nicht aufgeweicht werden darf. Die Kreativen und ihre Partner müssen weiterhin frei entscheiden dürfen, wo, wann und wie sie ihre Inhalte zugänglich machen wollen. Das sind die zentralen Voraussetzungen für das Entstehen hochwertiger europäischer Filme und den Erhalt künstlerischer Vielfalt.


Link: www.deutsche-filmakademie.de
Quellen: Deutsche Filmakademie | Blickpunkt:Film


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